Hufrehe beim Pferd: Ursachen, Symptome & wie du dein Rehepferd sicher wieder in Bewegung bringst

Wenn jeder Schritt weh tut, beginnt für uns beide die Herausforderung.

Ein Albtraum für jeden Pferdebesitzer: Dein Pferd steht plötzlich steif, bewegt sich nur widerwillig oder verweigert jeden Schritt. In solchen Momenten überkommet jeden Pferdebesitzer Angst, Verzweiflung und Hilflosigkeit – und die Fragen drängen sich auf: „Was nun? Wird mein Pferd wieder gesund? Kann es sich überhaupt noch schmerzfrei bewegen?

Ich bin Xenia, Pferdephysiotherapeutin und Trainerin für gesundheitsfördernde Bodenarbeit.
In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du dein Pferd nach einer Hufrehe sicher begleitest – von der ersten Hilfe über das Rehatraining bis hin zur langfristigen Unterstützung.
Du erfährst, was wirklich hilft, was du unbedingt vermeiden solltest und wie dein Pferd wieder Freude an Bewegung finden kann.

 Was ist Hufrehe – und warum ist sie ein Notfall?

Hufrehe ist eine Entzündung der Huflederhaut (Laminae) – also des empfindlichen Gewebes, das das Hufbein mit der Hornkapsel verbindet.
Wird dieses Gewebe geschädigt, verliert der Huf seine Stabilität. Das Hufbein kann kippen oder absinken – ein Prozess, der extrem schmerzhaft ist und bleibende Schäden verursachen kann.


Typische Symptome einer akuten Hufrehe:

  • Steifes, fast eingefrorenes Stehen
  • Vorstreckhaltung der Vorderbeine zur Entlastung
  • Deutliche Lahmheit oder Bewegungsverweigerung

Bereits nach 48 bis 72 Stunden kann aus einer akuten eine chronische Hufrehe werden.
 Schnelles und richtiges Handeln ist lebenswichtig!


Erste Hilfe in der akuten Phase

In der akuten Phase steht die tierärztliche Behandlung an erster Stelle.
Physiotherapie oder Training sind zu diesem Zeitpunkt nicht geeignet – jetzt zählen Ruhe, Entlastung und Schmerzmanagement.

So unterstützt du dein Pferd richtig:

  • Weicher, elastischer Untergrund (z. B. Sägespäne, Torf, steinfreier Sand)
  • Hufe regelmäßig kühlen (Eimer mit Eiswasser oder Kühlgamaschen)
  • Kurze Wege zu Futter und Wasser
  • Mageres Heu statt Kraftfutter, Getreide oder Leckerlis
  • Stressfreie, ruhige Umgebung schaffen

💡 Ziel in dieser Phase: Entzündung eindämmen, Schmerzen lindern, Stabilität sichern.


 Was im Huf passiert – das versteckte Drama

Die Huflederhaut funktioniert wie ein feines Netz aus Lamellen, vergleichbar mit einem Klettverschluss, der das Hufbein mit der Hornkapsel verbindet.
Entzündet sich dieses Gewebe, verliert es seine Tragfähigkeit – der „Klettverschluss“ löst sich. Dadurch kann das Hufbein kippen oder absinken, und der gesamte Hufmechanismus gerät aus dem Gleichgewicht.

Mögliche Folgen:

  • Dauerhafte Veränderungen der Hornkapsel (z. B. Reheringe, konkave Zehenwand)
  • Eingeschränkte Durchblutung und Hufmechanik
  • Verminderte Regenerationsfähigkeit der Huflederhaut

Aber: Auch Pferde mit bleibenden Veränderungen können wieder belastbar werden, wenn Aufbau, Haltung, Fütterung und Training optimal abgestimmt sind.


 Was du unbedingt vermeiden solltest

Neben der richtigen Unterstützung ist es entscheidend, typische Fehler in der Rehabilitation zu vermeiden – sie können die Genesung stark verzögern oder sogar Rückfälle auslösen.

Diese Maßnahmen sind kontraproduktiv:

Stallmanagement unverändert lassen:
Wenn Fütterung, Haltung oder Bewegung wie bisher weiterlaufen, bleibt die Belastung für den Stoffwechsel bestehen.
→ Passe Haltung, Bewegung und Fütterung konsequent an.

Zu hoher Zuckergehalt im Futter:
Getreide, Kraftfutter oder zu energiereiches Heu belasten den Stoffwechsel – die Hufrehe kann sich verschlimmern.

Haltung auf harten, unnachgiebigen Böden:
Harte Untergründe verstärken den Schmerz und behindern die Durchblutung.
→ Weiche, federnde Böden (Sand, Sägespäne) sind optimal.

Kein oder falscher Hufschutz:
Nicht jedes Pferd braucht Duplos oder Beschlag – aber ein temporärer Hufschutz wie Hufschuhe kann enorm entlasten.

Radikales Kürzen der Zehe:
Die Zehe trägt einen Großteil des Pferdegewichts. Eine zu starke Kürzung destabilisiert den Huf zusätzlich.
→ Arbeite mit einem kompetenten Hufbearbeiter zusammen, der Erfahrung mit Rehepferden hat.

Übermäßige, lang andauernde Schmerzmittelgabe:
Schmerzmittel sind wichtig, aber zu hohe Dosierungen können den Kreislauf und die Heilung negativ beeinflussen.

Zu schnelle oder zu hohe Bewegung:
Viele Rehepferde sind übergewichtig – Abnehmen ist wichtig, aber zu intensive Bewegung überfordert das geschädigte Hufgewebe.

Zu wenig Bewegung / Boxenruhe:
Früher Standard, heute überholt: Lange Boxenruhe ist kontraproduktiv.
Pferde brauchen kontrollierte Bewegung, um Stoffwechsel, Muskeln und Faszien aktiv zu halten.


Von Schonung zur gezielten Regeneration

Nach der akuten Phase beginnt die Aufbauphase – jetzt ist kontrollierte Bewegung der Schlüssel zur Heilung.
Bewegung fördert nicht nur den Kreislauf, sondern aktiviert Stoffwechsel, Lymphfluss und Gewebeversorgung.

Gezielte Bewegung hilft:

  • die Durchblutung der Huflederhaut anzuregen,
  • Muskelabbau und Gelenksteifigkeit zu verhindern,
  • Faszien geschmeidig zu halten,
  • und die Psyche des Pferdes zu stabilisieren.

Weniger ist mehr: Kurze, bewusste Einheiten auf weichem Boden sind effektiver als unkontrolliertes Toben.


 Physiotherapeutische Unterstützung nach der Hufrehe

Wenn der akute Schmerz nachlässt, zeigt sich oft, dass Muskeln und Faszien unter Spannung stehen.
Schmerzbedingte Fehlhaltungen führen zu Schonmustern – diese gilt es zu lösen.

In meiner physiotherapeutischen Arbeit konzentriere ich mich auf:

  • Lösen verspannter Muskulatur und Triggerpunkte
  • Faszienarbeit für mehr Beweglichkeit
  • Kinesiologisches Taping zur Unterstützung der Hufmechanik
  • Schulung physiologischer Bewegungsmuster
  • Aufbau der Tragemuskulatur für Stabilität und Gleichgewicht

Ziel: Ein Pferd, das sich wieder locker, kraftvoll und schmerzfrei bewegt – angepasst an seine Tagesform und Möglichkeiten.


 Praxisnahe Übungen für Rehepferde

Behutsame Bewegung stärkt Körper, Vertrauen und Psyche. Diese Übungen sind ideal für die Rehaphase:

  1. Balance-Übungen auf Schaumstoff oder Pads
    → Fördern Gleichgewicht, Stabilität und Körperbewusstsein.
    Tipp: Führe die Balancepads langsam ein und steigere die Dauer behutsam. Lasse dein Pferd nur so lange darauf stehen, wie es freiwillig anbietet

  2. Leichte Seitwärtsarbeit
    → Mobilisiert Gelenke, aktiviert Rumpf- und Tragemuskulatur.

  3. Propriozeptive Übungen
    → Schärfen das Körpergefühl und verbessern die Koordination.
    Variation: Nutze unterschiedliche Untergründe, Schrittarbeit über Stangen oder Slalomübungen, um Wahrnehmung und Beweglichkeit vielseitig zu fördern.

  4. Kontrollierte Bodenarbeit & Handarbeit
    → Kurze, motivierende Einheiten auf weichem Untergrund – ohne Zwang.
    Achte darauf, keine engen Kreise zu gehen, um Gelenke und Hufstrukturen nicht zu überlasten. Das Tragesystem deines Pferdes ist noch geschwächt – beginne daher mit großen Linien und konzentriere dich auf Losgelassenheit und Takt.
    Sanfte Handarbeit eignet sich hervorragend, um die Beweglichkeit zu fördern und gleichzeitig Vertrauen und Kommunikation zu stärken.

  5. Spaziergänge auf unterschiedlichen Untergründen
    → Kombinieren Bewegung, Abwechslung und Bindung.
    Die Bewegung im lockeren Schritt mit leicht gesenktem Kopf ist die natürlichste und gesündeste Fortbewegungsform des Pferdes. So bleiben Muskeln und Faszien geschmeidig, ohne Überforderung.
    Spaziergänge in der Natur tun nicht nur dem Pferd gut – sie fördern auch euer gemeinsames Wohlbefinden. Die gleichmäßige Schrittbewegung regt den Stoffwechsel effektiv an, unterstützt den Gewichtsabbau und stärkt Körper und Geist gleichermaßen.

 Wichtig:
Das Pferd ist unser Kompass – es zeigt uns seinen eigenen Weg der Rehabilitation.
Schule deinen Blick, um zu erkennen, was dein Pferd braucht, an welchem Punkt es steht und wie weit das Training gesteigert werden kann. Niemand kennt dein Pferd besser als du selbst – vertraue deinem Gefühl und den Zeichen, die es dir gibt.


 Alltagstipps für Rehepferde

Beobachte dein Pferd genau – kleine Veränderungen sagen oft mehr als große Rückschritte.

Wichtige Kontrollpunkte:

  • Hufwärme und Pulsation regelmäßig prüfen
  • Gangbild und Bewegungsfreude beobachten
  • Trainingsfortschritte dokumentieren
  • Bei Auffälligkeiten sofort Tierarzt oder Therapeuten hinzuziehen

 Fazit – Hoffnung für Rehepferde

Hufrehe ist eine ernste Erkrankung, aber nicht immer stellt sie  endgültiges Urteil dar.
Mit Geduld, Wissen und gezielter Unterstützung kann dein Pferd wieder Vertrauen in seine Bewegung finden, Muskeln aufbauen und schmerzfrei leben.

Gemeinsam mit einer durchdachten Rehabilitation, angepasster Fütterung und physiotherapeutischer Begleitung lässt sich der Weg zurück in ein bewegtes, stabiles und erfülltes Pferdeleben gestalten.


Wenn du aktuell ein Rehepferd betreust und unsicher bist, wie du starten sollst, melde dich gerne bei mir.
Gemeinsam finden wir den Weg, dein Pferd sicher, schmerzfrei und motiviert wieder in Bewegung zu bringen.

Teile diesen Beitrag